Hundephysiotherapie zur Prävention, zur Rehabilitation und trainingsbegleitend hat sich in den letzten zehn Jahren etabliert.
Die Anzahl der praktizierenden Therapeuten wächst stetig. Im Vordergrund stehen bei der Hundephysiotherapie immer die Schmerzlinderung sowie die Erhaltung oder Wiederherstellung der Mobilität der Vierbeiner. In der letzten Zeit gewinnt darüber hinaus die Beratungsfunktion zur Haltung und insbesondere zur körperlichen Auslastung an Bedeutung.
Hunde sind als Familienmitglieder mittlerweile wichtige Freizeitpartner. Die Auswahl der eigenen Hobbys erfolgt oft in Abstimmung mit dem Vierbeiner. Die angebotenen Sportarten für Hunde zielen dabei auch nicht selten auf deren überragenden körperlichen Fähigkeiten ab, denn Hunde sind schnell, wendig und sprunggewaltig.
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Aktiv ja! – Überbelastung nein!
Um für genügend Abwechslung zu sorgen, bietet der Hundehalter seinem Hund verschiedene Aktivitäten in der Woche. Stereotypes Nur-Ball-Spielen ist zum Glück out. Zeitaufwendige Beschäftigungen wie das Mantrailing boomen. Dazu kommen noch tägliche Spaziergänge.
In so einem Hundeleben kommt man schnell auf mehr als drei Stunden Bewegung täglich und an den Wochenenden wird es meist noch ausgeweitet. Und obwohl das wirklich mehr als genug ist, haben manche Hundebesitzer dabei immer noch ein schlechtes Gewissen, weil sie ihrem Hund zu wenig bieten. Genährt wird das unter anderem mit Empfehlungen, sich täglich mindestens vier Stunden mit dem Hund zu beschäftigen.
Das mag schon sein, aber mit Beschäftigung ist nicht zwangsläufig Bewegung gemeint. Beschäftigung kann auch ein ruhiges Suchspiel in der Wohnung sein oder einfach nur Streicheln auf dem Sofa. Es gibt im Prinzip keinen Hund, der dauerhaft vier Stunden am Tag Bewegung braucht. Selbst besonders lauffreudige Rassen benötigen für ihr Wohlgefühl nicht täglich ein solches Pensum. Hunde, die übermäßig ausgelastet werden, stecken das zunächst problemlos weg. Aber leider zeigen sie eine stetige Überlastung nicht offensichtlich.
Hier beginnt der Kreislauf aus Schmerz, daraus resultierender Schonhaltung und dadurch erzeugter Überbelastung weiterer Strukturen. Weder beim Training, noch bei Spaziergängen und schon gar nicht im Rudel wird dabei ein Vierbeiner frühzeitig Alarm schlagen. Manchmal fällt nur auf, dass ein Hund nicht mehr so ausgelassen spielt, dass er eher mal zurückbleibt, gerade auf den letzten Metern zum Auto, oder dass er nach eine Ruhephase schlechter hochkommt. Das sind nur Beispiele für Veränderungen, die es wahrzunehmen gilt, weil ein Hund so chronisch auftretende Schmerzen kommuniziert.
Ein neutraler Blick vom Profi
Bei der Interpretation solcher Signale kann der Hundephysiotherapeut helfen. Vor allem wenn man den Hund ernsthaft im Sport führen möchte oder einfach nur Lust auf viel Bewegung mit dem Vierbeiner hat, empfiehlt es sich sogar präventiv ein Beratungsgespräch zu führen.
Es geht darum zu verhindern, dass der Hund körperlich überlastet wird und dadurch Schaden nimmt. Hunde, die bereits am Bewegungsapparat erkrankt sind, erhalten diese Beratung zwangsläufig als Teil der Therapie. Ohne eine vernünftige Haltung und Bewegung kann sonst eine Behandlung gar nicht erfolgreich sein.
Der Hundephysiotherapeut erfragt alle Daten aus dem Alltag (zum Beispiel Treppen im Haus, Ernährung), eine mögliche Krankengeschichte wie ein Knochenbruch als Welpe oder eine Fehlbildung der Knochen wie bei Hüftgelenksdysplasie und die Art der Beschäftigung beziehungsweise Bewegung.
Hundephysiotherapeut verschafft sich einen Überblick
Zusammen mit dem aktuellen Eindruck, den er sich vor Ort vom Hund macht (Status Muskulatur, Gangbild, Gelenkbeweglichkeit, und vieles mehr), kann er sich dann ein Urteil erlauben und Empfehlungen aussprechen. Natürlich spielt dabei auch die Erfahrung aus der Praxis eine Rolle, weil es bestimmte Risikogruppen für Beschwerden am Bewegungsapparat gibt.
Aber trotz dieser Schubladen bleiben die Ratschläge individuell, weil es natürlich auch einen Labrador geben kann, der keinerlei Gelenkprobleme hat, der nicht beim Gehen mit dem Popo wackelt und natürlich darf der dann auch am Fahrrad laufen. Wichtig ist es ja ohnehin zu differenzieren, wie sich der Hund bewegt. „Kontrolliert an lockerer Leine im gemütlichen Trab beim Joggen“ oder „wildes Toben beim Spielen“ sind ja ganz unterschiedliche Anforderungen für den Körper. Auch hier gibt es konkrete Empfehlungen vom Therapeuten.
Wie der Besitzer diese umsetzt, ist meist ein Kompromiss, aus dem was optimal wäre und was die lieb gewordenen Gewohnheiten sind. Aber manchmal hilft es schon, wenn die Tipps umgesetzt werden. Zum Beispiel ist es gut, selbst auf einem normalen Spaziergang als eine Art Aufwärmphase den Hund für wenige Minuten kontrolliert traben zu lassen, bevor es Leinen-los-querfeldein ans Galoppieren geht. Kein Therapeut möchte dem Hund allen Spaß im Leben nehmen, aber die Erfahrung zeigt, dass Schmerzen auch keine erwünschten Begleiter sind.
Hausaufgaben für den Hundebesitzer
Nicht nur durch die Haltungsumstände und die Beschäftigung kann die Familie maßgeblich zur Gesunderhaltung des Hundes beitragen. Ein fester Bestandteil jeder Therapie sind Hausaufgaben. Hier leitet der Therapeut den Besitzer an, wie er mit physiotherapeutischen Maßnahmen dem Hund zuhause helfen kann. Zum Beispiel kann eine entspannende Massage mit einer Bürste mehrmals in der Woche einen guten Beitrag zur Linderung von Rückenschmerzen bringen. Sie ergänzt oder ersetzt sogar die Profi-Massage durch den Therapeuten.
Vor allem bei Hunden, die misstrauisch gegenüber Fremden sind, ist es unerlässlich, den Halter mit einzubinden. Und der Besitzer hat so eine Therapiemöglichkeit an der Hand, mit der er seinem Hund lebenslang etwas Gutes tun kann.
Beitrag: Susanne Siebertz, Hundephysiotherapeutin, www.gangwerk.de