Immer wieder kommt es vor, dass Hundehalter nach einer Beißattacke ihres Hundes gegen andere Hunde oder unbeteiligte Passanten die Flucht ergreifen und sich unerlaubt vom Ort des Geschehens entfernen.
Was kann man als Geschädigter in einer solchen Situation tun und wie verhält man sich überhaupt richtig, um auch die etwaigen Schadensersatzansprüche gegenüber den geflüchteten Zweibeinern durchsetzen zu können? Darüber informiert die Rechtsanwältin Friederike Hilger.
Jeder Hundehalter kennt unangenehme Situationen beim täglichen Spaziergang. Oftmals kommt es vor, dass der eigene Hund einen Passanten anspringt, in eine Beißerei mit einem anderen Hund verwickelt ist oder sogar einen vorbeikommenden Menschen verletzt. Oftmals lassen sich solche Zwischenfälle mit einer Entschuldigung aus der Welt schaffen.
Wenige Hundehalter sind allerdings auf die Fälle vorbereitet, bei denen der angegriffene Passant oder Hund schwer verletzt wurden. Zudem nimmt die Anzahl der Fälle stetig zu, in denen ein Halter nach einer Beißattacke seines Hundes die Flucht ergreift.
Hierdurch erschwert der flüchtende Hundehalter natürlich die Durchsetzung etwaiger Ansprüche der Betroffenen.
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Was tun nach einem Hundeangriff?
Was können Sie bei einem Hundeangriff tun? Zur Identifizierung der beteiligten Hunde und auch der Hundehalter ist es ratsam, zunächst die Ordnungsbehörden um Hilfe zu bitten. Sofern Ihnen zumindest der Name des Hundehalters bekannt ist, kann mit Hilfe des Einwohnermeldeamtes zuerst dessen Wohnanschrift in Erfahrung gebracht werden.
Die Einschaltung von Auskunfteien oder sogar Detekteien ist dagegen meist kostspielig, aber im Zweifel wohl die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung der eigenen Ansprüche. Für den flüchtenden Hundehalter bleibt ein solches Fehlverhalten nicht ohne Konsequenzen.
Denn nach geltender Rechtslage sind Hunde so zu halten, zu führen und zu beaufsichtigen, dass von ihnen keine Gefahren für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgehen. Die Verantwortlichen haben die dafür erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
Hieraus lässt sich zugleich im Einzelfall eine Verpflichtung der Hundehalter herleiten, sich auch im Nachhinein, um durch ihre Hunde verursachte Zwischenfälle zu kümmern. Mit der Fahrerflucht im Straßenverkehr vergleichbare Regelungen für Hundehalter gibt es jedoch zur Zeit nicht.
Auch bei einer „Halterflucht“ ist in der Regel davon auszugehen, dass die betroffenen Hunde und Hundehalter früher oder später durch die Ordnungsbehörden oder Dritte Personen identifiziert werden. Der flüchtende Hundehalter steht dann vor dem Problem, dass er sich durch sein Verhalten oftmals die Möglichkeit einer gütlichen Beilegung versperrt hat.
Er schwächt außerdem seine eigene Position bei der Aufklärung der Sachlage sowie der Abwehr zivilrechtlicher Ansprüche oder behördlicher Maßnahmen. Ihm wird es zum Beispiel schwerer fallen, in einem gerichtlichen Verfahren glaubhaft ein (Mit-) Verschulden der verletzten Person darzulegen.
Auch gegenüber Behörden ist eine Flucht nicht von Vorteil und schwächt nur die eigene Position.
Mögliche Strafen für Hundehalter
Dem durch einen Hundeangriff Verletzten oder dem betroffenen Halter eines verletzten Tieres stehen gegenüber dem Hundehalter Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche zu. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht eine weitreichende verschuldensunabhängige Haftung von Hundehaltern und Hundeaufsehern vor.
Spaziergänger, welche aus bloßer Gefälligkeit einen Hund ausführen, können im Übrigen ebenfalls haftbar gemacht werden, wenn sie eine der ihnen nach § 2 Abs. 1 LH und G NW obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt haben.
Hat der Verletzte dagegen zu dem Vorfall beigetragen oder ihn sogar überwiegend selbst verursacht, indem er den Hund überraschend, ungefragt oder entgegen der Weisung des Halters angefasst hat, ist nach ständiger Rechtsprechung ein Mitverschuldensanteil zu berücksichtigen. Hier kommt es dann auf die genauen Abläufe des Vorfalls an.
Nach einem Beißvorfall müssen die beteiligten Hundehalter daher prüfen, ob es Verletzungen oder Schäden gab und je nach Schwere des Vorfalles unter polizeilicher oder ärztlicher Mithilfe die Beweise sichern.
Hier geht es um den Ersatz anfallender Tierarztkosten. Nach § 833 BGB haftet ein Hundehalter zunächst verschuldensunabhängig für die verursachten Schäden. Im Rahmen einer Einzelfallprüfung wird dann berücksichtigt, in welchem Maße die körperlichen Eigenheiten und das Verhalten der jeweils beteiligten Hunde zum Schaden beigetragen haben.
Wenn die Staatsanwaltschaft der Ansicht ist, dass der Halter seine Sorgfaltspflichten verletzt und damit die Verletzung verursacht hat, leitet diese außerdem ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung ein. Die zuständige Ordnungsbehörde prüft in diesen Fällen zudem die Verhängung eines Bußgeldes.
Haltungsverbot möglich
Nach § 12 LH und G NW kann die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere Verstöße gegen das Landeshundegesetz, abzuwehren.
Dies kann zum Beispiel bei der Haltung von großen Hunden eine Rolle spielen. Nach § 11 Abs. 2 S. 1 LH und G NW dürfen große Hunde nur dann gehalten werden, wenn der Halter, neben der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen, die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.
Das heißt, er muss willens und in der Lage dazu sein, seine Pflichten als Hundehalter zu erfüllen und sich seiner besonderen Verantwortung gegenüber den Belangen und Rechtsgütern der Allgemeinheit und Dritter bewusst sein. Eine Halterflucht kann, je nach den Umständen des Einzelfalles, die Prognose der Unzuverlässigkeit rechtfertigen und dann sogar zu einer Haltungsuntersagung nach § 12 Abs. 2 S. 2 LH und G NW führen.
Wegen der Vielzahl an gerichtlichen Entscheidungen und der Kenntnisse im Umgang mit den ermittelnden Behörden, ist es ratsam, sich von einem im Tierrecht und seinen Besonderheiten erfahrenen Rechtsanwalt beraten zu lassen.
Beitrag: Friederike Hilger