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Herdenschutzhunde – Erziehung und Haltung

Herdenschutzhunde – Erziehung und Haltung

Am 24. September 2024 aktualisiert

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herdenschutzhunde
© DenisaV stock.adobe.com – ID:215684958

Hüte- und Herdenschutzhunde werden häufig verwechselt. Wohl auch weil bei einigen Rassen eine genaue Abgrenzung schwierig ist. Grundsätzlich unterscheiden sich die Hundearten aber sehr in ihrem Wesen und in ihren ursprünglichen Aufgaben.

Während die häufig kleineren, wendigen Hütehunde wie Border Collies oder Cattledogs auf Anweisungen des Menschen Nutztiere hüten und treiben, arbeiten Herdenschutzhunde, wie Kuvasz oder Pyrenäenberghunde nahezu selbstbestimmt. Die meist sehr großen Tiere leben überwiegend bei der Herde und schützen sie. Sie sind selbstbewusst und haben ein überdurchschnittliches Schutz- und Territorialverhalten. Ihre Erziehung erfordern deshalb eine starke Persönlichkeit und Kenntnisse, die über „normales Hundewissen“ hinausgehen.

Ursprung und Aufgaben

Kuvasz (Ungarn), Pyrenäenberghund (Frankreich), Kaukasischer Owtscharka und auch der Kangal (Türkei) haben neben dem Schutz von Nutztieren vor Bären, Wölfen und Viehdieben, später auch das Bewachen von Grenzen, Lagern und Anwesen übernommen. Dabei arbeiten Herdenschutzhunde eigenständig. Besonders deutlich zeigt sich das bei ihrem Schutzverhalten in der Dämmerung und nachts, da dies die bevorzugten Zeiten der Beutegreifer sind.

Dieses Schutzverhalten und die ausgeprägten Sinne lassen die Hunde jederzeit registrieren, was in ihrer geschieht. Ihre phlegmatische Ausstrahlung täuscht. Zwar haben sie eine sehr hohe Toleranzschwelle, wenn diese aber überschritten ist und sie angreifen, reagieren sie blitzschnell. Ein Leckerchen wie bei manchen Haushund nützt dann leider gar nichts, denn Herdenschutzhunde sind unbestechlich.

Wesen & Verhalten

Einem Herdenschutzhund aufgrund seines starken Schutz- und Territorialverhaltens eine übermäßige Aggression zu unterstellen, ist falsch. Diese beiden herausragenden Eigenschaften der Hunde werden nur in einem falschen Umfeld und mit einem unwissenden Halter zum Problem. Herdenschutzhunde benötigen einen größeren Abstand zu Menschen und Situationen, die so genannte Individualdistanz, um keine Bedrohung zu spüren und ein neutrales Verhalten zeigen zu können.

Denn Fremden und unbekannten Reizen gegenüber verhalten sie sich bei Unterschreitung dieser Individualdistanz zurückhaltend bis abweisend. Diese Zurückhaltung ist keine Wesensschwäche, sondern ihre natürliche Vorsicht, die für ihre ursprüngliche Arbeitsausübung notwendig ist. Eine Warnung des Hundes sollte generell und besonders innerhalb seines Territoriums deshalb unbedingt ernst genommen werden.

Das Territorium eines Herdenschutzhundes endet allerdings nicht am eigenen Gartenzaun, sondern umfasst auch das weitere Umfeld sowie häufig besuchte Plätze und Spazierwege. Deshalb kann er auch ausgeprägte Wettbewerbsaggression Artgenossen gegenüber zeigen.

Gemäß seinem Selbstverständnis nimmt der Herdenschutzhund innerhalb seines Zuhauses häufig strategisch wichtige Plätze ein, von denen aus er seine Menschen und das Geschehen gut im Auge behalten kann. Auch das entspricht seinem natürlichen Verhalten.

Der richtige Lebensraum

Die Haltungsformen und Aufgaben von Herdenschutzhunden in ihren Ursprungländern unterscheiden sich wesentlich von den Möglichkeiten eines städtischen oder dichter besiedelten Umfeldes. Wer einen Herdenschutzhund halten möchte, sollte neben tiefgreifender Sachkenntnis auch über genügend Platz im Haus und ein hoch eingezäuntes Grundstück verfügen.

Absolut notwendig ist die Möglichkeit, den Hund zeitweise in einer hundegerechten Räumlichkeit innerhalb des Hauses unterbringen zu können, z. B. wenn Besuch oder Handwerker im Haus sind. Zusätzlich müssen Auslauf und der regelmäßige Kontakt zu seinen Menschen gegeben sein.

Viele Herdenschutzhunde sind sehr bellfreudig. Deshalb eignet sich ein Mehrfamilienhaus weniger für ihre Haltung. In manchen Bundesländern gehören einige Herdenschutzhunderassen zu den so genannten „Listenhunden“. Damit unterliegt ihre Haltung Auflagen, wie Sachkundenachweisen und höheren Steuersätzen.

Führungskompetenz unverzichtbar

Soll ein Herdenschutzhund Teil einer Familie sein, ist es unverzichtbar ihn frühzeitig und behutsam an die Alltags- und Umweltreize zu gewöhnen. Darüber hinaus muss aber auch unbedingt ein positives Heranführen an fremde Menschen und Artgenossen erfolgen. Je besser der junge Herdenschutzhund vertraut ist mit allen Situationen, die er später souverän meistern soll, desto eher wird er sich zu einem sozial sicheren und anpassungsfähigen Hund entwickeln.

Herdenschutzhunde sind erst mit etwa drei bis vier Jahren erwachsen. In der Zeit des Heranreifens können sie schnell überfordert reagieren. Hier muss wirklich sensibel mit ihnen umgegangen werden. Wer einen Herdenschutzhund führen möchte, darf nicht auf sein schauspielerisches Talent bauen, denn er durchschaut sofort, ob jemand echte Autorität besitzt.

Anderenfalls gibt es für den eigenständigen Herdenschutzhund keinen Grund, einer Anweisung Folge zu leisten. Nur wenn er eine Beziehung zu jemandem hat, ist er überhaupt beeinflussbar. Dann aber bindet er sich sehr eng und lebenslang an seinen Menschen. Ein Erziehungstraining durch Fremde ist undenkbar.

Vorsicht bei erwachsenen „Auslandsimporten“

Tierschutz besteht heute leider häufig darin, Tiere aus ihren Ursprungländern zu importieren, um sie aus ihren schlechten Lebensbedingungen zu retten. Ob das immer der richtige Weg ist, soll hier nicht diskutiert werden. Für bestimmte Hunde – und dazu gehören auch Herdenschutzhunde – ist dieser Weg aber nur selten eine wirkliche Verbesserung. Denn wenn diese erwachsenen Hunde Menschen kaum kennen oder lange auf der Straße gelebt haben, werden sie nie gelassen in einem urbaneren Umfeld zurechtkommen.

Die Enge sowie die Masse an unbekannten Umweltreizen lassen die Tiere dauerhaft unter Stress stehen. Anders als andere Hunde, können sich Herdenschutzhunde nur schlecht daran gewöhnen, wenn sie es nicht von klein auf gelernt haben. Wer unbedingt einen Herdenschutzhund in seine Familie integrieren möchte, sollte sich vorab von erfahrenen Menschen beraten lassen und wirklich gründlich prüfen, ob er in der Lage ist, optimale Lebensbedingungen für einen solchen Hund schaffen zu können.

Beitrag: Burga Torges, Hundetrainerin in Düsseldorf, www.hundeart.com

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