Viele Wanderwege führen nicht nur durch Wälder oder über Wiesen, sondern auch gerne über Privatgelände wie Reiter- oder Bauernhöfe. Nicht selten werden Hundehalter bei der Durchquerung von den dort lebenden Hofhunden oder von den Hunden der Reiter angegangen. Manchmal erschreckt aber auch der eigene Hund ein Pferd auf dem Reiterhof und verursacht Schäden. Bei diesen Vorfällen stellt sich dann die Frage der Haftung, wie Rechtsanwältin Petra Franke erklärt.
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Die rechtlichen Feinheiten
Um die genauen rechtlichen Umstände bei einem Vorfall mit Hof- oder Reiterhunden zu klären, braucht es ein gewisses juristisches Vorwissen. Nach Paragraph 2 des Landeshundegesetzes in Nordrhein-Westfalen sind alle Hunde zur Vermeidung von Gefahren an einer geeigneten Leine zu führen. Das gilt unter anderem für allgemein zugängliche Park-, Garten- und Grünanlagen.
Darüber hinaus sind gemäß dem Gesetz gefährliche oder große Hunde außerhalb von eingefassten Besitztümern, in Ortschaften, auf öffentlichen Straßen sowie Wegen und Plätzen ebenfalls angeleint zu führen. Handelt es sich um einen Privatweg kann man seinen Hund zwar unangeleint führen. Sollte etwas vorfallen und durch den Hund ein Schaden entstehen, gilt aber nach dem Gesetz dennoch die Gefährdungshaftung, wobei es auf das Verschulden dann eigentlich nicht ankommt.
Hunde auf dem Bauernhof
Für Hunde auf einem Reiter- oder Bauernhof kann jedoch eine andere, eingeschränktere Haftung gelten. Die Ersatzpflicht nach Paragraph 833 BGB tritt nämlich nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, „das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde“.
Angewendet auf einen konkreten Fall heißt das Folgendes: So entschied der Bundesgerichtshof im Jahr 2004 dass, soweit von einem Landwirt auf seinem Reiterhof Hunde, in diesem Fall waren es zwei Rottweiler und ein Staffordshire-Terrier, gehalten würden, könnten diese Hunde sowohl dem Hobby wie auch dem Schutz des Objekts dienen.
Im letzteren Fall käme dem Tierhalter die Möglichkeit zu, sich bei einer Verletzungshandlung seiner Hunde zu entlasten, während der private Hundehalter stets für seine Hunde haftet. Als der damalige Kläger und damit das Opfer die Haustür des Hofes öffnete, brachten ihn die Hunde des Landwirtes zu Fall und fügten ihm zahlreiche Bisswunden zu. Das Amtsgericht gab der Klage auf Entschädigung unter Berücksichtigung eines Mitverschuldenanteils des Klägers von 75 Prozent statt.
Die hauptsächliche Zweckbestimmung des Vierbeiners entscheidet
Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Bei der Anschlussberufung der Beklagten hatte das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision gab der Kläger aber nicht auf, räumte nun jedoch, wie schon bei der zweiten Verhandlung, eine Mitschuld von 25 Prozent ein.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass es sich bei solchen Hunden auf einem Reiterhof, die auch zur Bewachung eingesetzt werden, um „potentiell doppelfunktionale“ Tiere handele. Hat das Tier also verschiedene Funktionen, von denen einige dem Erwerbsstreben, andere aber der Freizeitgestaltung zuzurechnen sind, ist für die Beurteilung des Tiers, seine, juristisch formuliert, „hauptsächliche Zweckbestimmung“ zu beurteilen. Dies macht gegebenenfalls das Gericht. Im vorliegenden Fall konnte der Hundehalter die angebliche Hauptfunktion der gewerblichen Haltung jedoch nicht nachweisen, weshalb der Klage dann stattgegeben wurde.
Im schlechtesten Fall besteht die Gefahr, dass der eigene Hund oder man selbst einen Schaden durch die Hofhunde erleidet und dieser Schaden dann nicht durch den Hundehalter ersetzt werden muss. Sollten jedoch die Hofhunde nicht ordnungsgemäß überwacht und auch keine Warnung vor den Hunden vorhanden gewesen sein, kann dennoch eine Haftung des Hundehalters erreicht werden.
Aufsichtspflicht des Hofbetreibers
In jedem Fall ist das so, wenn es sich bei den Hunden um Tiere von Reitern auf dem Hof handelt, denn diese unterliegen mit Sicherheit der Gefährdungshaftung des Paragraphen 833 BGB. Das bedeutet, dass die Reiter zur Vermeidung einer Haftung, den Hund lieber ordnungsgemäß beaufsichtigen oder anleinen sollten. Wenn es jedoch schwierig ist, einen Schaden verursachenden Hund und dessen Halter auf einem Hof zu ermitteln, könnte ebenfalls an die Haftung des Hofbetreibers gedacht werden.
Denn dann könnte ein Verstoß gegen die Aufsichtspflicht oder die Verkehrssicherungspflicht des Hofbetreibers oder Bauern vorliegen, weil ihm bekannt und bewusst ist, dass ein öffentlicher Wanderweg an seinen Hof grenzt und damit Wanderer mit und ohne Hunde sich darauf bewegen. Gegebenenfalls müsste ein entsprechend sicherer Zaun die Wanderer vor Übergriffen der Tiere auf dem Hof sichern.
Im Falle eines von einem Pferd verursachten Schadens hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf zu Gunsten der Geschädigten entschieden. Dieser Fall stellte sich dabei wie folgt dar: Ungefähr 20 Pferde standen auf der Weide eines Reiterhofs, durch die ein häufig von Spaziergängern benutzter Fußweg führte. Am Zaun waren Schilder mit der Aufschrift „Achtung weidende Tiere! Betreten auf eigene Gefahr.“ aufgestellt. Die Geschädigte ging mit Kindern dort spazieren, ein braunes Pferd kam heran getrabt, schnappte mit dem Maul nach einem Kind und zupfte ihm am Pullover.
Die Geschädigte stellte sich deshalb vor das Pferd und versuchte, es durch Zurufe zu verjagen. Darauf drehte sich das Tier um und schlug nach hinten aus, wobei die Geschädigte am Bein getroffen wurde und der Schienbeinkopf gebrochen war. Das Gericht verurteilte den Reiterhof zur Zahlung von rund 6.100 Euro. Das Gericht meinte, es sei zwar nicht eindeutig erwiesen, ob das Pferd wirklich der Übeltäter gewesen sei – in jedem Fall habe der Reiterhof aber seine Aufsichtspflicht verletzt.
Beitrag: Petra Franke, Rechtsanwältin und Vorsitzende des Hundesportvereins Köln-Mülheim e. V.