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Schilddrüsenunterfunktion und Kortisolüberproduktion beim Hund

Schilddrüsenunterfunktion und Kortisolüberproduktion beim Hund

Am 24. September 2024 aktualisiert

3 Mio. Leser jährlich beraten
Schilddrüsenunterfunktion und Kortisolüberproduktion beim Hund
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Immer häufiger werden bei Hunden eine Kortisolüberproduktion (Cushing-Erkrankung) und/oder eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) diagnostiziert und erfolgreich behandelt. Beide Krankheitsbilder betreffen den mittelalten bis alten Hund. Ihre Symptome sind vielfältig und nicht immer eindeutig.

Eine gründliche tierärztliche Untersuchung und Labortests sind erforderlich, um die Veränderungen einer Krankheit zuzuordnen und zum Beispiel Beeinträchtigungen des Bewegungs- oder Herz-Kreislauf-Apparates auszuschließen.

Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

Die Schilddrüse ist ein hormonproduzierendes Organ, welches paarig am Hals liegt. Sie produziert das Hormon Thyroxin (T4). Dieses beeinflusst fast alle Stoffwechselvorgänge im Körper. Da in 99 % aller Schilddrüsenerkrankungen eine Unterfunktion vorliegt, läuft somit der gesamte Stoffwechsel auf Sparflamme. Das erklärt auch das lethargische Verhalten der Hunde.

Ursachen

Zumeist führt eine Entzündung zu einem Verschwinden der Schilddrüsenzellen. Bei etwa der Hälfte der Hunde handelt es sich um ein so genanntes autoimmunes entzündliches Geschehen: Der Körper selbst greift das Schilddrüsengewebe mit Autoantikörpern an. Die Hypophyse ist das Steuerorgan der Schilddrüse und produziert das schild-drüsenstimulierende Hormon TSH. Bei niedrigen Werten kommt es über einen Rückkopplungsmechanismus zu einer Stimulation der TSH-Ausschüttung.

Symptome

Die vielfältigen Symptome treten schleichend auf und werden deshalb vom Besitzer häufig nicht als besorgniserregend wahrgenommen. Das gilt besonders für die Hunde mit nur geringen Veränderungen. Ein Hinweis auf Schilddrüsenunterfunktion sind reduzierte psychische und körperliche Aktivität sowie Fettsucht. Betroffene Tiere suchen die Wärme.

85 % der hypothyreoten Hunde zeigen Hautveränderungen. Dazu zählen ein in der Regel symmetrischer Haarausfall an Körperstamm und Hals sowie trockenes, schuppiges, ungepflegt wirkendes Fell. Die Haut kann dunkel pigmentiert und dicker sein. Auch wiederkehrende Hautinfektionen sind Anzeichen.

Bei einigen Hunden sieht man einen unbehaarten Schwanz, den so genannten „Rattenschwanz“. Bei bis zu 25 % der Hunde tritt eine Ohrenentzündung als Folge der Unterfunktion auf. Auch Unfruchtbarkeit sowie Verhaltensproblematiken werden mit einer Schilddrüsenerkrankung in Verbindung gebracht. Manche Tiere sind überängstlich und/oder aggressiv.

Diagnostik

Die Diagnose wird mit Hilfe von Blutuntersuchungen und diagnostischen Tests gestellt. Da die Messung des Hormons Thyroxin tageszeitlichen Schwankungen unterliegt und von Medikamenten beeinflusst werden kann, sollte auch das die Schilddrüse stimulierende Hormon TSH gemessen werden. Ist dieses erhöht, ist die Wahrscheinlichkeit einer Unterfunktion groß.

Zusätzlich kann ein Schilddrüsenstimulationstest Klarheit bringen. Auch die Messung von so genanntem freiem T4 mittels eines speziellen Dialyseverfahrens ist möglich. Bei fraglichen Laborwerten kann man die Messung von Schilddrüsenantikörpern als frühzeitiger Indikator für eine Entzündung der Schilddrüse nutzen.

Therapiemöglichkeiten

Die Hypothyreose ist mit Tabletten gut therapierbar. Eine Kontrolle ist nach zwei bis drei Monaten nötig. Das Verhalten des Hundes bessert sich schon nach Tagen bis Wochen, die Hautsymptome bessern sich erst nach einigen Monaten.

Kortisolüberproduktion (Morbus Cushing)

Hierbei handelt es sich um eine Hormonkrankheit, die mit einer lang anhaltenden Erhöhung des Kortisolspiegels im Blut einhergeht. Kortisol (das wichtigste Kortison) ist ein körpereigenes Hormon. Es wird in den Nebennieren produziert und ist für eine Vielzahl von Funktionen im Körper verantwortlich.

Kortisol wirkt entzündungshemmend, antiallergisch und juckreizstillend. Eben diese Eigenschaften nutzt man therapeutisch, wenn dem Körper Kortison von außen zugefügt wird. Außerdem wirkt Kortisol auf den Wasser- und Elektrolythaushalt sowie auf Fett-, Eiweiß- und Kohlenhydratstoffwechsel. Seine weitere Wirkung ist muskelabbauend, während der Körper vermehrt Fett bildet und Wasser einlagert.

Ursache

Die Hirnanhangdrüse stimuliert über die Ausschüttung des Botenstoffes ACTH die Nebennieren zur Kortisolproduktion. Produziert die Hirnanhangdrüse zu viel ACTH, so liegt das an einem gutartigen Tumor dieser Drüse, der für rund 85 % aller Cushing-Fälle verantwortlich ist. Weitere rund 15 % aller Cushing-Erkrankungen werden durch einen Tumor an den Nebennieren ausgelöst. Auch wenn Kortison über einen langen Zeitraum von außen zugeführt wird, kann eine Cushing-Erkrankung entstehen.

Symptome

Die betroffenen Hunde trinken vermehrt und lassen viel Wasser. Zudem haben die meisten Tiere ständig Hunger. Weitere Symptome sind Lethargie, Müdigkeit, Muskelschwund und vermehrtes Hecheln. Im fortgeschrittenen Stadium entwickeln die Tiere einen Hängebauch.

Bei Hündinnen kann die Läufigkeit ausbleiben. Nach Monaten bis Jahren folgen Hautsymptome wie wiederkehrende Hautinfektionen und Haarausfall bis zur Kahlheit des Körperstammes, Beine und Kopf bleiben behaart. Dunkle Hautverfärbungen am Bauch, eine pergamentartige, trockene Haut, bei der die Gefäße durchscheinen, ist möglich.

Diagnostik

Vorberichte, klinische Symptome sowie ggf. Veränderungen in Blut und Urin sind hinweisgebend. Für die abschließende Diagnose dient ein spezieller Funktionstest: Der Hund erhält eine kleine Menge synthetisch hergestelltes Kortison. Nach vier und acht Stunden misst man den körpereigenen Kortisolspiegel. Fällt der Spiegel ab, funktioniert der Regelkreis, während ein Hund mit einer Cushing-Erkrankung unbeeindruckt vom verabreichten Kortison weiterhin körpereigenes Kortison produziert. Auch eine sonografische Untersuchung der Nebennieren ist möglich.

Therapiemöglichkeiten

Die Therapie zielt darauf ab, den körpereigenen Kortisolspiegel mit Trilostane (Vetoryl) abzusenken Es wirkt hemmend auf das Enzym, welches für die körpereigene Kortisolherstellung notwendig ist. Eine andere Therapie soll bei Nebennierenrindentumoren die hormonproduzierenden Zellen der Nebennierenrinde zerstören. In jedem Fall sind regelmäßige Therapiekontrollen notwendig.

Schilddrüsenunterfunktion oder Morbus Cushing?

Derzeit wird die oben beschriebene Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) sehr oder sogar zu häufig diagnostiziert. Bei der Interpretation der Werte muss jedoch bedacht werden, dass sie vielen Einflüssen unterliegen und nicht in jedem Fall eine Schilddrüsenerkrankung vorliegen muss, sondern eben auch ein Morbus Cushing die Ursache sein kann. Ebenfalls können Medikamente (wie z.B. Kortison oder Sulfonamide) die Werte absenken und eine Schilddrüsenunterfunktion vortäuschen.

Fallbeispiel: Der 12-jährige Mischlingsrüde Reno wurde wegen stark erhöhter Trinkmenge vorgestellt. Er war aufgrund eines niedrigen Schilddrüsenwertes bereits mit einem Schilddrüsenmedikament vorbehandelt. Dennoch war der Hund lethargisch, antriebslos und dauernd hungrig. Eine eingeleitete Blut- und Urinuntersuchung war verdächtig für das Vorliegen eines Morbus Cushing. Die Verdachtsdiagnose wurde durch einen speziellen Test bestätigt. Der Hund wurde mit Trilostane behandelt. Sein Trink- und Fressverhalten besserte sich in den nächsten Wochen deutlich und er wurde wieder lebhafter.

Fazit

Hormonerkrankungen können leider nicht auf den ersten Blick diagnostiziert werden und erfordern ein systematisches Herangehen an das jeweilige Krankheitsbild. Die Auswirkungen von Hormonabweichungen auf den Gesamtorganismus sind gravierend und beeinträchtigen die Lebensqualität deutlich. Eine adäquate Therapie kann dem Hund aber zu einem beschwerdefreien und langen Leben verhelfen.


Beitrag und Fotos: Dr. med. vet. Birgitta Nahrgang, Fachtierärztin mit eigener Praxis in Köln, Mitglied der DGVD (Deutsche Gesellschaft für Veterinärdermatologie), Mitglied des Arbeitskreises Dermatologie Westdeutschland

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