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Kognitive Fähigkeiten des Hundes – Ausgeprägte Intelligenz

Hunde mit anderen Augen sehen

Kognitive Fähigkeiten des Hundes – Ausgeprägte Intelligenz

Am 24. September 2024 aktualisiert

3 Mio. Leser jährlich beraten
kognitive fähigkeiten des hundes
© chika_milan stock.adobe.com – ID:310508184

Seit 15 Jahren Erfahrung im Umgang mit Haushunden

Seit über 15 Jahren beschäftigt sich Dr. Juliane Kaminski mit den kognitiven Fähigkeiten des Haushundes und vergleicht sie mit denen anderer Arten wie Schimpansen oder auch denen des Menschen. Im Zentrum ihrer Untersuchungen stehen die Fragen, was und wie viel der Hund eigentlich wirklich von der Kommunikation des Menschen mit ihm versteht sowie Fragen zu den kooperativen und anderen sozialkognitiven Fähigkeiten des Hundes.

Am Center für vergleichende und evolutionelle Psychologie der Universität Portsmouth, England, hat sie außerdem gemeinsam mit Kollegen ein Kodierungssystem entwickelt, mit dem die Gesichtsbewegungen des Hundes analysiert werden sollen, ohne subjektive Begriffe zu verwenden. Wir haben Dr. Juliane Kaminski zu den Erkenntnissen ihrer Arbeit befragt.

Frau Dr. Kaminski, seinen Hund zu verstehen ist das Hauptanliegen von Hundehaltern und natürlich auch von Hundetrainern. Sie beschäftigen sich seit Jahren mit den kognitiven Fähigkeiten des Haushundes. Also den Fähigkeiten wahrzunehmen, zu erkennen und zu denken. Wie erforscht man diese Fähigkeiten beim Hund?

Was wir machen, ist den Hund vor bestimmte Probleme zu stellen, Aufgaben die er lösen mussumzum Beispiel an Futter oder eine andere Belohnung zu kommen.

Die Strategie, die der Hund dann wählt, um die Aufgaben zu lösen, läßt dann Rückschlüsse darauf zu, wie der Hund das Problem und damit auch seine Umwelt versteht und welche Erkenntnisse er erlangen kann.

Welches sind die aktuellen Erkenntnisse, die Sie durch Ihre Arbeit gewinnen konnten?

Der Hund ist in seinen sozial kognitiven Fähigkeiten in besonderer Weise an den Menschen angepasst. In seinen Fähigkeiten menschliche Kommunikation zu deuten und zu nutzen, sticht er andere Tierarten deutlich aus. Das scheint auch nichts zu sein, was Hunde besonders lernen müssen, denn wir sehen Fähigkeiten menschliche Gesten zu nutzen, schon bei wenige Wochen alten Welpen.

Auch können die nächsten Verwandten, die Wölfe, Gesten des Menschen nicht so gut nutzen wie der Hund. Auch nicht, wenn die Wölfe von Menschen aufgezogen wurden und dementsprechend in dem gleichen Umfeld aufgewachsen sind.

Das lässt uns annehmen, dass Selektionsprozesse während der Domestikation zu diesen speziellen Fähigkeiten des Hundes geführt haben und es eine Anpassung an das Leben mit dem Menschen darstellt.

hunde intelligenz
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Haben alle Hunde das gleiche Maß an kognitiven Fähigkeiten oder der eine mehr und der andere weniger?

Es gibt im Moment keinerlei Hinweise darauf, dass es Unterschiede in den kognitiven Fähigkeiten der verschiedenen Hunderassen gibt.

Können wir die kognitiven Fähigkeiten unserer Hunde fördern?

Es gibt im Moment noch nicht genug Forschung, die belegt, was die kognitiven Fähigkeiten des Hundes am besten fördern kann. Zunächst ist es wichtig, dass über die Forschung eine Basis für unser Verständnis der kognitiven Fähigkeiten des Hundes geschaffen wird.

Dann muss in einem nächsten Schritt systematisch die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten des Hundes studiert werden,um dann sagen zu können, wo Förderung sinnvoll ist und wie diese Förderung aussehen kann.

Was bedeuten Ihre Erkenntnisse für die Kommunikation zwischen Hund und Mensch?

Hunde sind in ihrer Kommunikation scheinbar speziell an den Menschen angepasst. Sie müssen da nicht unbedingt viel erlernen.

Das heißt jedoch nicht, dass Hunde alles verstehen was wir sagen oder was wir von ihnen wollen. Es sieht so aus, als wenn Hunde menschliche Kommunikation ganz anders deuten und verstehen als zum Beispiel Kleinkinder das tun.

Widerlegen diese Erkenntnisse die Voraussetzungen, unter denen Lerntheorien (Klassische/instrumentelle Konditionierung) für Hunde aufgestellt wurden?

Konditionierung ist ein völlig normaler Lernmechanismus, der Teil fast jeden Lernprozesses ist. Das ist auch erst mal ja nichts Negatives. Was aber wohl die Studien der letzten Jahre belegen, ist, dass Hunde eben auch über selbstständige Denkprozesse zu Entscheidungen kommen können.

Lange führte ein recht extremer Ansatz im Umgang mit dem Hund zu der Annahme, dass Hunde nur über Konditionierung erreichbar sind und wir nur so Verhaltensänderungen erreichen können. Die Arbeit der letzten Jahre zeigt ganz klar, dass das nicht der Fall ist.

Was bedeutet das für das Training von Hunden und den Umgang mit den Tieren?

Ich denke es bedeutet, dass wir dem Hund an manchen Stellen vielleicht mehr zutrauen können und sollten. Hunde können über flexible Denkprozesse zu Lösungen kommen. Sind dementsprechend möglicherweise unterfordert, wenn sie dazu nie die Möglichkeit bekommen.

Aber sind natürlich auch potentiell überfordert, wenn wir zu viel von ihnen erwarten. Wenn wir erwarten, dass sie all unsere Gefühle und Ansichten verstehen und auch genau verstehen, was wir von ihnen erwarten. Hunde verstehen Manches, aber Vieles eben auch nicht.

Ihr aktuelles Projekt DogFACS beschäftigt sich mit der Mimik von Hunden. Können Sie erklären, was genau DogFACS ist?

DogFACS basiert auf einem für den Menschen entwickelten System, welches Gesichtsbewegungen kodiert. Die Gesichtsbewegungen werden dabei den darunter liegenden Muskeln zugeordnet. FACS steht für Facial Action Coding System. Das wichtige an diesem Kodierungssystem ist, dass man Gesichtsbewegungen analysieren kann, ohne irgendwelche subjektiven Begriffe zu verwenden.

Also Bewertungen wie „der Hund guckt traurig oder ängstlich etc.“ fallen völlig weg. Stattdessen werden die Gesichtsbewegungen und Muskelbewegungen im Detail analysiert und diesen Bewegungen Zahlen zugeordnet, wiezum Beispiel AU101. Bewegt der Hund AU101, dann heisst dass, er zieht die Augenbraue hoch, was den für uns typischen Hundeblick erzeugt.

Bislang ist Hundeverhalten immer auch kontextbezogen zu beurteilen. Das heißt, eine Körperhaltung ergibt erst dann die eigentliche Intention des Hundes, wenn alle Signale zusammen und in der entsprechenden Umweltsituation betrachtet werden.

Werden wir zukünftig den Hund nur noch mit einer Art Software scannen und anhand der bewegten Muskelgruppen sein Verhalten ablesen? Bedeutet das auch, dass Emotionen des Hundes aufgespalten werden in Muskelgruppenaktivitäten?

Das potentielle Problem mit dem aktuellen Ansatz ist, dass die Tendenz besteht, Hundeverhalten und Hundeausdruck mit menschlichen Begriffen zu belegen und mit menschlichen Kategorien zu deuten. Das ist problematisch, weil nur die Tatsache, dass der Ausdruck im Hundegesicht dem des menschlichen Gesichtsausdrucks für z.B. Traurigkeit ähnelt, heißt nicht, dass er auch dasselbe ausdrücken soll.

Unsere Tendenz alles mit unseren Kategorien zu belegen und zu vermenschlichen ist so stark, dass wir sie kaum unterdrücken oder kontrollieren können. Das bedeutet jedoch, dass wir den Hund nicht wirklich in seinem Verhalten begreifen.

Es braucht also Systeme, die diese Vermenschlichung verhindern. DogFACS ist so ein System. Der nächste Schritt ist dann, den Gesichtsausdruck des Hundes mit so einem System systematisch zu analysieren und dann auch in die verschiedenen möglichen Kontexte einzubinden. Wir wollen also ein Ethogramm der Gesichtsbewegungen des Hundes entwickeln.

Wenn wir dann sehen, dass Hunde eine bestimmte Gesichtsbewegung immer in demselben Kontext produzieren, dann kann uns das vielleicht auch Rückschlüsse über die verschiedenen Emotionen des Hundes ermöglichen.

Welche Bedeutung messen Sie DogFACS im Rahmen der weiteren Forschung zum Hundeverhalten bei?

Ich messe DogFACS eine sehr große Bedeutung zu. Es wird zum ersten Mal möglich sein, den Gesichtsausdruck des Hundes ohne jegliche subjektive Bewertung zu studieren. Diese Möglichkeit gab es bislang nicht.

Sehen Sie Ihren eigenen Hund durch Ihre Forschungsergebnisse und auch durch DogFACS mit anderen Augen?

Meine Forschung der letzten Jahre hat den Blick auf den Hund (auch auf meinen eigenen) sicher verändert. Meine Forschung zeigt mir wo der Hund seine Grenzen hat, aber eben auch, wo man ihm durchaus auch mehr zutrauen kann und auch sollte.

Wenn mein Hund an manchen Stellen etwas nicht zu begreifen scheint, dann weiß ich, wann ich das auch nicht erwarten kann, wann ich weiter probieren sollte oder einen anderen Ansatz wählen muss, damit er versteht, wie das vorliegende Problem zu lösen ist.

Was wünschen Sie sich für die Forschungsarbeit mit Hunden in der Zukunft?

Ich wünsche mir für die Forschung der Zukunft, dass noch mehr und bessere Methoden entwickelt werden, um das kognitive Verständnis des Hundes zu analysieren.

Ich wünsche mir, dass das Thema Hundekognition nicht aufhört so populär zu sein, wie es im Moment ist und vor allem wünsche ich mir, dass es mehr Geldgeber gibt, die bereit sind finanzielle Mittel für diese Art der Forschung bereit zu stellen.

Das Interview führte Burga Torges

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