Ein Filmhund muss neben dem „Hund sein“ einige Voraussetzungen erfüllen, um vor der Kamera erfolgreich zu sein. Denn er steht unter anderem im ständigen Kontakt zu den unterschiedlichsten Tieren und Menschen. Darüber hinaus sollte er sich in den verschiedenen Situationen vor und hinter der Kamera wohl fühlen.
Stressempfindliche und ängstliche Tiere sind für diesen Job deshalb ungeeignet. Ein bisschen Talent, Spaß an der Arbeit und Reiselust im Blut machen einen wirklichen Filmhund-Profi aus. Außerdem bedarf es laut §11 des deutschen Tierschutzgesetzes einer Genehmigung des zuständigen Veterinäramtes, um einen Filmhund öffentlich zur Schau stellen zu dürfen.
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Ruhe bewahren im Rummel
Natürlich gelten einige Hunderassen als besonders gelehrig, aber grundsätzlich kann jeder Hund, unabhängig von Rasse oder Mischung, eine Vielzahl an Kommandos und Tricks erlernen und ein Filmhund werden. Wichtig dabei ist, dass er das Erlernte auch auf eine gewisse Entfernung zum Trainer sicher ausführt, denn häufig steht dieser am Set hinter den Kameraleuten oder zumindest außerhalb der Kulisse.
Deshalb ist es wichtig, dass der Hund sich auch in fremder Umgebung und umgeben von fremden Menschen wohl fühlt. Voraussetzung hierfür ist, dass er soviel wie möglich kennen lernt, wie z. B. Geräusche jeder Art, die Nähe von Gegenständen, die sich bewegen, das Arbeiten unter Ablenkung und der Kontakt zu anderen Tieren und Menschen.
Nicht ohne Double
Produktionsfi rmen fragen häufi g Rassehunde vom Schoß- bis zum großen Wachhund an, wie z. B. Jack Russel, Border Collie, Chihuahua oder Schäferhund. Der Grund dafür ist, dass für jeden tierischen Hauptdarsteller immer auch ein Double gebraucht wird. Das ist natürlich bei Hunden gleicher Rasse einfacher als bei einer individuellen Straßenmischung.
Das Double muss einspringen, wenn der tierische Schauspieler keine Lust hat, verletzt ist oder der Dreh auch mal etwas länger dauert. Selten werden dagegen schwarze Hunde angefragt, da diese am Set recht schwer auszuleuchten sind.
Apport- und Schäm Dich!
Drehbücher sind für viele Überraschungen gut. Was wirklich vom Filmhund verlangt wird und welche Aufgaben er erledigen muss, erfährt man – trotz vorheriger Absprachen – meist erst am Set. Von möglich bis unmöglich – die verrücktesten Sachen werden angefragt: Standard-Kommandos wie Sitz, Platz, Bellen, Apportieren, Pfötchen geben genauso wie stell Dich tot! oder Schäm Dich!
Von der Kekspackung bis nach Hollywood
Filmhunde werden in vielen Bereichen eingesetzt. Man sieht sie vor allem in Werbespots, in TV-Serien oder gelegentlich in Filmproduktionen made in Hollywood. Aber auch für Werbeprospekte, -kataloge, -plakate oder als Motiv auf Verpackungen verschiedener Produkte sind die tierischen Darsteller im Einsatz.
Nix mit Limousine und Maskenbildner
Das Filmhundedasein ist – ähnlich wie bei menschlichen Schauspielern – oft weniger glamourös als tatsächlich harte Arbeit. Es beginnt mit der Fahrt zum Drehort: je nach Ziel mit dem Auto, Zug oder Flugzeug. Und schon bedeutet das den ersten Stress für den Hund. Dieser sollte den Drehort bereits vor dem eigentlichen Dreh kennen lernen. Das heißt, eher anzureisen, um ihn an das Gewusel um ihn herum zu gewöhnen.
Später heißt es dann oft warten. Warten, bis die erste Anweisung von der Regie kommt. Und das kann sich über etliche Stunden hinziehen. Für Tier und Trainer eine echte Bewährungsprobe. Der Hund sollte möglichst eine Unterkunft dabei haben, in der er zur Ruhe kommen und sich zurückziehen kann. Der Zugang zu frischem Wasser sollte selbstverständlich sein. Für die Motivation ist es zudem immer vorteilhaft, besonders gute Leckerchen und das Lieblingsspielzeug dabei zu haben.
Selbstverständlich muss ein Filmhund gepflegt sein und darf nicht nach „Hasenköttel“ riechen, solange es das Drehbuch nicht vorsieht. Mögliche Accessoires wie beispielsweise Halstuch, Schleife oder ein bestimmtes Halsband gibt das Drehbuch vor. Diese werden von der Produktionsfirma vorab zur Verfügung gestellt, damit der Hund vor Ort dann auch damit vertraut ist.
Vom Casting bis zum Honorar
Im Internet oder auch auf Hundemessen sind Castings für Filmhunde zu finden. Man sollte dabei darauf achten, ob diese nur „Agenturen für Filmhunde“ sind oder auch selbst Filmhunde ausbilden. Vorsicht ist geboten bei Agenturen, die für ihre sogenannten Dienstleistungen wie Fotos, Aufnahmen oder dem Casting Geld verlangen. Das Internet eignet sich aber durchaus, sich über seriöse Filmtierschulen zu informieren und sich dort mit seinem Hund zu bewerben.
Genau wie ein Schauspieler auf zwei Beinen hat auch ein Filmhund eine Setkarte bei der Filmtierschule/Agentur. Dort stehen alle wichtigen und relevanten Daten zum Hund und die Kommandos, die er beherrscht. Zudem Fotos mit verschiedenen Positionen aus unterschiedlichen Perspektiven.
Ausschlaggebend für die Höhe des Honorars sind Faktoren wie die Herkunft der Produktionsfirma, der Drehort (In- oder Ausland), Art des Drehs, Anzahl der Drehtage, Nachfrage und Besetzung des tierischen Schauspielers und natürlich das persönliche Verhandlungsgeschick. Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass Filmtiertrainer keine Reichtümer mit ihren Tieren verdienen.
Süchtig nach dem Rampenlicht
Hat der Hund erstmal gelernt was es bedeutet im Mittelpunkt zu stehen, kann er so viel Spaß daran entwickeln, dass er sich beim Besuch von Kamerateams und Presse eigenständig in Szene setzt. Wie Shih-Tzu Mischling Ben, der auf einer Hundemesse einem Kamerateam zielstrebig vor die Füße lief und „Männchen“ machte.
Oder Hund Tom Tom, der sich für einen Werbefilm auf dem Sofa wälzen sollte. Als der Regisseur jemanden bat, das Preisschild an der Wolldecke abzureißen, lief er zielstrebig zum Sofa und wollte den Job eigenständig erledigen. Alle am Set waren natürlich verdutzt und haben herzlich gelacht.
Tier bleibt Tier
Bei aller Professionalität ist es wichtig, bei der Arbeit mit Tieren immer wieder daran zu denken, dass sie „Tiere“ und keine Menschen oder Maschinen sind. Man sollte immer wertschätzen, was der Hund leistet, auch wenn es einmal nicht perfekt läuft. Denn nur ein gutes Mensch-Hund-Team kann erfolgreich sein.
Ob Kinofilm oder Serienheld: Lassie, Rex, Rin Tin Tin, Hootch und Boomer sind zeitlose und über Generationen bekannte tierische Helden der Leinwand. Mit Schlabberbackencharme, Kuschelfaktor, verdrecktem Strubbelfell oder blitzgescheitem PolizeihundVerstand haben sie sich in die Herzen der Zuschauer gespielt. Was der Zuschauer natürlich nicht gesehen hat: Jeder dieser talentierten Filmhunde hatte ein Double oder zumindest, wie Mischling Boomer, ein sehr ähnlich aussehendes Stuntdouble.
Übrigens: Auch der Namensgeber von Nippers „Nipper“war eine Berühmtheit: Der Terrier-Mischling (1884 – 1895) wurde von seinem Herrchen in einer Pose gemalt, in der er aufmerksam in einen Grammophontrichter hinein zu lauschen scheint. Sein Abbild wurde später das weltweit bekannte Label verschiedener Plattenfirmen „His Master´s Voice“.
Beitrag und Foto: Claudia Neumann, Filmtiertrainerin, www.filmpfoten.de